Angelrolle

Die Angelrolle ist lediglich ein Schnurdepot, das die Angelschnur für den Wurf frei gibt, versehen mit einer Kurbel, die mittels Übersetzung ein kontrolliertes Einholen der Schnur ermöglicht. Da die vorgehaltene Angelschnur auch als Reserve dient, um einem stark kämpfenden Fisch während des Drills eine begrenzte Flucht zu ermöglichen, bis er ermüdet, befindet sich an der Angelrolle eine einstellbare Bremse, die die Schnur freigibt, wenn ihre Belastungsgrenze erreicht wird.

Die Rolle sollte das Gerät in der Endmontage gut ausbalancieren und zur jeweiligen Angelmethode passen. Wenn sie von guter Qualität ist, hält sie ein ganzes Anglerleben lang. Die Wahl der für den Angler passenden Rolle hängt also von der bevorzugten Angelmethode bzw. Einsatzzweck ab.

Es gibt drei Grundtypen von Angelrollen

  • Stationärrolle
  • Kapselrolle
  • Multiplikator-Rolle (Multirolle)

Die universell einsetzbare Stationärrolle ist am populärsten und hat sich mit großem Abstand am Markt durchgesetzt. Trotzdem haben in speziellen Einsatzbereichen die beiden anderen Typen ihre Vorzüge, auf die wir später noch näher eingehen wollen.
Die Stationärrolle

Der Name „Stationärrolle“ ist von der beim Wurf „stationär“ – ruhenden Schnurspule abgeleitet, deren Achse parallel zur Rutenachse arbeitet. Spulenachse und Rutenachse liegen also auf einer parallel verlaufenden Linie.

Es gibt zwei sehr unterschiedlich arbeitende Varianten von Stationärrollen deren Merkmale wir uns weiter unten im Text ein wenig genauer anschauen wollen:

Die offene Stationärrolle

Die offene Stationärrolle hat eine freiliegende Spule und einen freiliegenden Schnurfangbügel. Der Schnurfangbügel wird mit der freien Hand (die Hand, die nicht die Rute hält) aufgeklappt. 

Heute gibt es viele Modelle mit automatisch arbeitendem Schnurfangbügel. Bei der offenen Stationärrollel fliegt die Schnur förmlich – (vom Ködergewicht gezogen) fast widerstandslos von der Spule. Dies ist ein enormer Vorteil gegenüber den anderen Rollenmodellen und ermöglicht sehr viel weitere Würfe. Auch beim Fischen mit abtreibender Pose ist die Stationärrolle klar im Vorteil, die Schur löst sich völlig ungehindert von der Spule.

Die Kapselrolle

Die Kapselrolle ist völlig anders aufgebaut. Bei der Kapselrolle sitzen die Schnurspule und ein Schnurfangstift unter einem Deckel, der die Mechanik abkapselt. 

Wurfbereit wird dieses System durch Knopfdruck, dann springt der Schnurführungsstift zurück. Der Schnurfreigabeknopf ist leicht durch den Zeigefinger der Rutenhand zu erreichen, was einen Vorteil dieser Rolle ausmacht, sie lässt sich also bedingt einhändig bedienen. Trotzdem führt die Kapselrolle eher ein Schattendasein, unter den heutigen Sportfischern ist sie nur noch sehr wenig verbreitet. Dies liegt sicher auch daran, dass Kapselrollen für Schnurstärken ab ca. 0.30 nur noch bedingt geeignet sind. Kapselrollen haben jedoch auch einen Vorteil gegenüber den Stationärrollen: Man kann während eines Drills sehr schnell, immer wieder, den Schnurfangstift lösen und so sehr aktiv Schnur freigeben. Dies ist sehr einfach zu handhaben und besonders in fließenden Gewässern von Vorteil.

Die Multiplikatorrolle (Multirolle)

Die Multirolle ist eine Spezialrolle mit extrem hohem Schnurfassungsvermögen und für höchste Belastbarkeit beim Angeln vom Boot aus auf Großfische, ausgelegt. Für weite Würfe ist die Multirolle hingegen eher ungeeignet. Dieser Rollentyp wurde Mitte des 19. Jahrhunderts erfunden. Bei der Multirolle dreht sich die Spule sowohl beim Einkurbeln der Schnur als auch beim Auswerfen des Köders, also ganz im Gegensatz zur Stationärrolle. Sie unterscheidet sich somit grundlegend von der Stationärrolle, welche in Deutschland nach wie vor wesentlich beliebter ist als die Multirolle. Dies liegt vor allem daran, dass viele Angler den Wurf mit der Multirolle scheuen, bei dem sich, bedingt durch die hohe Drehzahl der Spule beim Werfen, bei ungeübten Anwendern leicht Schnurverwicklungen („Perücken“) bilden können. Diese entstehen, wenn sich die Spule während des Wurfs schneller dreht, als die Schnur abläuft.

In Ländern wie den USA oder Skandinavien, wo hauptsächlich Kunstköder benutzt werden, fischen sehr viele Angler mit Multirollen. Im Zuge des Booms spezieller Angeltechniken wie der Vertikal- und Jerkbaitangelei greifen jedoch auch deutsche Angler vermehrt zu diesen Rollentypen. Grob unterteilen kann man die Multirollen in Wurfmultis (auch „Baitcaster“ genannt), die überwiegend bei der Wurfangelei mit Spinnködern (Spinnfischen) Verwendung finden, und „normale“ Multis für die Bootsangelei.

Köderkontakt und Drillgefühl sind mit der Multirolle wesentlich intensiver als mit der Stationärrolle, weshalb Experten schon lange darauf schwören. Diese Rollen haben meistens eine Sternbremse, welche an der Kurbel angebracht ist, sowie einen sog. „thumbbar“, eine Art Knopf, der mit dem Daumen zu bedienen ist und die Spule fürs Werfen in den Freilaufmodus schaltet. Moderne Wurfmultis verfügen über mehrere unabhängig voneinander arbeitende Bremssysteme, deren Aufgabe es ist, während des Wurfs die Drehzahl der Spule so zu kontrollieren, dass diese sich nicht schneller dreht als die Schnur abläuft.

Die Handhabung ist jedoch schwieriger als mit einer Stationärrolle. Vor allem für Anfänger ist das Angeln, besonders das Auswerfen wesentlich schwieriger. Die „normalen“ Multirollen werden im Normalfall immer dort eingesetzt, wo eine Multirolle aufgrund ihrer konstruktionsbedingten Robustheit von Vorteil ist. Typische Beispiele hierfür sind etwa das Tiefseeangeln in Nordeuropa und das sogenannte Big Game Angeln auf der Hochsee auf große Meeresraubfische. Mittlerweile gibt es wahre High- End- Luxusmodelle unter den Multis die entsprechend hochpreisig sind – z.B. mit beleuchteter Digitalanzeige für die Schnurfreigabe.

Handhabung und Eigenschaften der Stationärrolle

Da wir weiter oben schon festgestellt haben, dass die beiden anderen Rollentypen eher etwas für Spezialisten sind, widmen wir uns ab hier nun ganz der offenen Stationärrolle, diese ist wie bereits oben gesagt, zu weit mehr als 90% im Angelsport im Einsatz.

Schnurfassung (Spulenkapazität)

Je nach bevorzugter Fangtechnik und Einsatzbereich benötigt ein Angler (mit nur relativ wenigen Außnahmen) kaum mehr als 100m Schnur auf der Spule. Trotzdem werden zu vielen speziellen Einsatzbereichen Rollentypen angeboten, bei denen die Spulen bis zu 300m und mehr fassen. Dies kann ein Vorteil sein, in den meissten Fällen bleiben diese Reserven jedoch fast ständig ungenutzt. Auch muss beachtet werden, dasss die Spulenkapazität linear zur verwendeten Schnurstärke variiert. So fasst eine Spule 200m 0,20iger Schnur, bei einer Schnurstärke von 0,40 jedoch nur noch die Hälfte. Insofern sollte man dies beim Kauf einer Rolle sehr genau berücksichtigen.

Ständig ungenutzte Schnur auf der Spule ist nicht nur Geldverschwendung, sondern birgt zudem auch Risiken. Ungenutzte Schnur auf der Rolle kann dazu führen, dass die Schnur beim Einholen nicht sauber auf der Spule abgelegt wird bzw. dazu, dass sich die Schnur in den Bereichen verhakt, die fast nie abgespult werden. Wer zuviel Schnur aufspult läuft Gefahr, dass sich die Schnur auf den Bereichen die ständig auf der Spule bleiben, zwischen den Windungen regelrecht einzieht und beim nächsten Wurf auf eine ungewohnt hohe Weite, schlichtweg hängenbleibt. Dies führt zu leichten Verquetschungen an der Schnur, beim nächsten Drill mit kapitalem Fisch kann dies dann zum Schnurbruch führen.

Wer trotzdem auf eine gewisse Schnurreserve nicht verzichten möchte, kann trotzdem beim Befüllen seiner Spulen sparen, indem er die ersten 50-100m Schnur auf der Spule mit einer preiswerteren Schnur befüllt und erst die letzten 150-200m (die er primär nutzt) mit hochpreisiger Spezialschnur bespult, dies gilt insbesondere für die teuren, geflochtenen Varianten.

Übersetzung

Alle modernen Stationärrollen haben ein übersetztes Getriebe – dass heißt – bei einer Kurbelumdrehung rotiert die Spule mehr als einmal, jedoch sind die Übersetzungsverhältnisse recht unterschiedlich. Üblich sind Übersezungsverhältnisse von: 5zu1 und 6zu1. Damit variirt also die Schnurlänge, die bei einer Umdrehung der Kurbel freigegeben, oder eingeholt wird. Bei bestimmten Fangtechniken ist ein langsames einholen des Köders von Vorteil, dazu sollte der Angler bei der Rollenwahl also ein Modell mit relativ kleiner Übersetzung wählen, damit er nicht ermüdend langsam die Kurbel bedienen muss. Dort wo hingegen eine schnelle Köderführung gefordert ist, sollte umgekehrt vorgegangen werden.

Ganz wichtig – die Bremse

Alle Stationärrollen sind heute mit einer Bremse ausgerüstet, wobei sich die „Geister“ daran scheiden, ob nun die Frontbremse oder die Heckbremse das bessere System ist. Neuere Modelle haben fast immer eine Frontbremse, wobei ich der Ansicht bin, dass dies aus Kostengründen in der Fertigung so ist und nicht etwa, weil es einen tatsächlich technisch relevanten Hintergrund hätte oder gar die bessere Mechanik bieten würde.

Die Bremse der Angelrolle arbeitet als Sicherheitssystem, wenn ein starker, kraftvoller Fisch auf der Flucht ordentlich Schnur von der Rolle nimmt. Stationärrollen haben entweder am Kopf der Spule oder am Heck des Getriebe- Gehäuses die Einstellmöglichkeit der Bremse. Die Bremse wird so eingestellt, dass sie Schnur freigibt – bevor sie ab einer entsprechenden Belastung (abhängig vom Schnurdurchmesser) reißt. Moderne Bremsen arbeiten sehr feinfühlig und können auch während des Drills noch verstellt werden. Bei schlechter Schnurqualität kann es zur Verdrallung der Schnur kommen, wenn sehr viel Schnur gegen die Bremse (bei zu harter Einstellung) von der Spule gezogen wird und gegen die abziehende Schnur vom Angler eingekurbelt wird, also bitte lieber nicht an der Schnur sparen!

Rücklaufsperre

Alle im Handel befindlichen Stationärrollen haben eine ein- oder abschaltbare Rücklaufsperre, damit die Kurbel bei Belastung an der Schnur nicht selbständig zurückschlagen kann.

Spulenwechsel

Bei den meisten im Handel befindlichen Stationärrollen lassen sich die Spulen per Knopfdruck einfach und leicht auswechseln. Bei vielen Modellen, besonders ab der mittleren Preisklasse gehört eine zweite (Ersatz-) Spule zum Lieferumfang einer Stationärrolle.

Automatischer Schnurfangbügel

Viele Modelle haben heute einen automatischen Schnurfangbügel, der mit der Wurfhand bedient wird, als Standard. Bei Rollen mäßiger Qualität kann der automatische Bügel aber auch schnell zu Verwicklungen (Perücken) führen, weil die Rollenführungen sehr viel Spiel haben oder sich recht schnell abnutzen.

Bait-Runner Mechanismus

Einige, höherpreisige Spezial- Stationärrollen haben eine zusätzliche Bait-Runner-Spezialbremse, die mit einem extra dazu an der Rolle vorhandenen Hebel bedient wird. Insbesondere beim Befischen von kraftvollen Fischarten, die viel Schnur nach dem Biß nehmen werden wie Karpfen, Hecht, grössere Forellen und auch Aal, bietet dies den folgenden Vorteil:

Bei einer Bait- Runner- Rolle kann der Fisch den Köder mitsamt der Schnur frei nehmen, ohne den Widerstand zu spüren und zunächst völlig ungehindert abziehen, dies ist besonders beim Fischen auf Zander interessant, der Schnurfangbügel an der Rolle bleibt dabei geschlossen. Wenn dann der Bait- Runner- Hebel an der Rolle bedient wird, arbeitet die Bremse wieder ganz normal und der Anhieb kann gesetzt werden. Ab diesem Zeitpunkt reagiert die Rollenbremse wieder ganz normal auf Zug.

Wartung und Pflege

Das regelmäßige Reinigen der Rolle von außen sollte eine Selbstverständlichkeit sein, wer mag sich schon die Finger am eigenen Gerät beschmutzen, dazu gibt es beim Angeln auch genügend andere Gelegenheiten. Ich benutze dazu immer Sprühöl auf Silikonbasis, es besitzt eine unglaublich gute Kriechfähigkeit. Wenistens einmal jährlich sollte der Rollenkasten seitlich aufgeschraubt, mit Bremsenreiniger und einem Pinsel gereinigt werden und wieder gut austrocknen (verdunsten) lassen. Kontaktspray eignet sich auch gut zur Reinigung, aber Vorsicht bei einigen Kunststoffarten, diese neigen zum Verblassen sobald sie mit Lösungsmitteln in Berührung kommen, also vorsichtig arbeiten. Danach innen alle beweglichen Teile mit Sprühöl einsprühen und Deckel wieder montieren. Eine möglichst leichtgängige und weiche Bedienungt bleibt so lange Zeit garantiert.  Von Fetten rate ich zum Schmieren grundsätzlich ab, obwohl dies der Hersteller- Standard bei vielen Modellen bei Auslieferung ist) diese verharzen nach einigen Jahren doch erheblich und bremsen die Mechanik. Bei Modellen mit Heckbremse darauf achten, dass das Sprühöl nicht unmittelbar auf die kleinen Bremsscheiben gelangt, also auch in diesem Bereich sehr sorgfältig arbeiten.

Spare nie an der Schnur!

Wechsele die Schnur zu jeder Saison. Die Hersteller behaupten zwar immer, dass moderne Angelschnüre kaum noch altern würden, dennoch kann ich ganz klar sagen, dass dies dennoch der Fall ist. Ich habe über Jahre hinweg beobachtet, dass länger benutzte Angelschnüre nicht nur etwas ausbleichen und leicht milchig werden, sondern durch UV- Licht auch spröder und brüchiger werden. Dies fällt besonders beim Knotenbinden auf. Sobald bei der Montage von Wirbeln etc. auf der Hauptschnur auffällt, dass frisch gebundene Knoten bei der abschließenden Belastbarkeitsprüfung überraschend schnell reißen, sofort ca. 30-40m der aufgespulten Schnur dem Mülleimer übergeben. Sobald man dann ein neuen Knoten bindet, wird man unmittelbar den Unterschied feststellen. Die Schnur ist wieder elastischer und belastbarer. Dies gilt natürlich insbesondere für monofile Schnüre.

Fazit

Eine gute Angelrolle begleitet den Angler aufgrund ihrer ordentlichen Qualität ein ganzes „Angelleben“ lang. Schon mit diesem Hintergrund sollte bei der Anschaffung sehr genau überlegt werden, welchen Zwecken die Rolle genügen soll. Auswahlkriterien sind Einsatzzweck, Schnurfassung, Übersetzung, stabile Verarbeitung, je nach Vorhaben das Gewicht und natürlich auch der Preis. Heute sind Angelrollen im Vergleich zu Früher relativ preiswert. Daher kann es nichts schaden für verschiedene Zwecke (Zielfische u. Fangmethoden) spezielle Rollen mit speziell dazu ausgerichteter Bespulung in der Ausrüstung Zuhause zu haben, die je nach den entsprechenden Eigenschaften und Einsatzzwecken nach Bedarf an der Rute montiert werden, bevor man sich zum Gewässer aufmacht. Eine Ersatzrolle mit alternativer Schnur (je nach dem größer oder kleiner im Durchmesser) sollte sowieso jeder Angler am Gewässer dabei haben. Zumindest eine Rolle mit Ersatzschnur darf eigentlich in keinem Angelkoffer fehlen.

Ich hoffe der obere Artikel beantwortet die eine oder andere Frage zum Thema Angelrollen bezüglich unterschiedlicher Modelle, Eigenschaften und Besonderheiten – und ist einem Anfänger auch eine kleine Hilfe bei der Auswahl der zu seinen persönlichen Vorhaben, passenden Rolle.